Im Frühjahr 1943 trat sie als 16-Jährige dem belgischen Widerstand bei. Auch ihr Vater war in der Widerstandsbewegung aktiv. Im Jahr darauf wurden beide denunziert und verhaftet, viele andere auch. Lucienne kam nach Namur in Belgien ins Gefängnis und wurde später nach Ravensbrück deportiert. Von dort aus im Winter 1944 nach Belzig.
Im Frühjahr 1945 passierte der schlimme Unfall in der Fabrik. Die Zehen wurden ihr zerquetscht. Sie überlebte nur durch eine fürchterliche Amputation, die die russische Krankenschwester im Revier vornahm. In dieser Folge konnte sie nicht mit auf den Todesmarsch und wurde im Lager zurückgelassen. Nach der Befreiung desselben kam Lucienne Metzeler auf vielen Umwegen im Mai 1945 zurück nach Dinant.
Lange Jahre hat sie nicht über die Kriegserlebnisse geredet. Nach der Veröffentlichung ihres Schicksals begann sie jedoch, als Zeitzeugin aktiv in Schulen über ihre Vergangenheit zu sprechen. Ferner arbeitete sie in der internationalen Lagergemeinschaft von Ravensbrück mit. Immer wieder kam sie dorthin zurück und nahm an den Gedenkveranstaltungen teil.
Ich habe Lucienne Metzeler am 18. April 2005 in Belzig kennen gelernt. An jenem Tag kam sie mit einem Übersetzer und ihrer Tochter Josette für einen Tag in unsere Stadt. Zuvor hatten sie an den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Befreiung von Ravensbrück teilgenommen, wohin sie auch wieder zurückgefahren sind. Während des Besuchs hier trug sie sich in das Ehrenbuch der Stadt ein. Die damalige Bürgermeisterin Hannelore Klabunde-Quast, Gerhard Dorbritz, Kees Berkouwer sowie die Eheleute Helga und Günter Kästner waren dabei anwesend. Einige Zeit zuvor war Lucienne Metzeler mit ihrem Ehemann bereits einmal im Grünen Grund, wo sie sich auch mit Gerhard Dorbritz getroffen hatte. Weil sie sich nicht verständigen konnten, kam sie 2005 noch einmal zurück.
In Ravensbrück habe ich sie einige Tage später noch einmal getroffen. Im Rahmen einer Gedenkveranstaltung mit einem belgischen Regiment. Damals entstanden auch die Fotos, die sie im Band 2 der Reihe "Schicksale" zeigen.
2006 nahm Lucienne Metzeler mit ihrem Mann Albert Marchand und ihrer Tochter Beatrice an der Gedenkveranstaltung im Grünen Grund teil. Damals blieb sie mehrere Tage in der Stadt. Sie besuchte unter anderem das Gymnasium, um an einem Zeitzeugengespräch teilzunehmen, und das Info Café.
2009 erhielt sie in Dinant Besuch von Förderkreismitglied Kees Berkouwer. Die Freude darüber war groß.
Vom 2. bis zum 4. Mai 2010 weilte Lucienne Metzeler letztmals in unserer Stadt. Gemeinsam mit ihrem Mann nahm sie an der Gedenkfeier im Grünen Grund teil, legte einen Kranz auf dem Gertraudenfriedhof nieder und besuchte die Krause-Tschetschog-Oberschule.
Ab 2012 verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand. Sie hatte große Schmerzen in den Beinen, auch mental hatte sie zunehmend Probleme sich zu erinnern. Eine beginnende Alzheimer-Erkrankung. Dennoch wollte sie zur Gedenkfeier 2016 noch einmal nach Bad Belzig kommen. Im März 2016 habe ich sogar noch mit ihr telefoniert. Schon im April erlaubte ihr Gesundheitszustand die weite Fahrt nicht mehr.
Ramona Stucki
Lucienne Metzeler war Vizepräsidentin der belgischen Vereinigung der Überlebenden von Ravensbrück und bis vor wenigen Jahren als Zeitzeugin in der Erinnerungsarbeit aktiv.